Militärische Exoskelette: USA und Kanada

Von der Vision zur Realität: Militärische Exoskelette

Die überlegenheit eines Soldaten neu difiniert, Militärische Exoskelette: USA und Kanada. Ein Soldat sprintet nahezu mühelos einen steilen Hügel hinauf, auf dem Rücken einen schweren Rucksack voller Ausrüstung, während metallische Verstrebungen seine Beine unterstützen. Gleichzeitig hebt ein anderer Soldat problemlos eine schwere Munitionskiste, als wäre sie federleicht. Was nach Science-Fiction klingt – Erinnerungen an den „Iron Man“-Anzug aus Hollywood weckend – wird durch militärische Exoskelette zunehmend Wirklichkeit. In den USA und Kanada arbeiten Wissenschaftler, Ingenieure und Soldaten gemeinsam daran, den Traum von der Mensch-Maschine-Symbiose im Kampf und der Logistik zu verwirklichen. Dieses Essay beleuchtet umfassend die Entwicklung und den Stand dieser militärischen Exoskelette in Nordamerika: von den Unternehmen und Institutionen, die sie entwickeln, über konkrete aktuelle Modelle und technische Details bis hin zu Einsatzszenarien, Schlüsselfähigkeiten, laufender Forschung und einem visionären Ausblick in die Zukunft.



Pioniere und Akteure: Hersteller und Institutionen in USA und Kanada

Die Forschung an militärischen Exoskeletten hat in den vergangenen Jahren stark an Dynamik gewonnen. In den USA sind vor allem große Rüstungskonzerne, innovative Startups sowie staatliche Forschungsstellen treibende Kräfte. An vorderster Front steht Lockheed Martin, ein Rüstungsriese, der sich früh mit Exoskelett-Technologie befasst hat. Auch Raytheon – bekannt durch seine Raketensysteme – hat in der Vergangenheit Exoskelett-Prototypen vorgestellt. Innovativ zeigen sich zudem Robotikfirmen wie Sarcos Robotics, die aus einer früheren Kooperation mit Raytheon hervorging und heute leistungsfähige Exoskelette für Militär und Industrie entwickelt. Aufseiten der neueren Firmen haben auch Ekso Bionics (vormals Berkeley Bionics) und SuitX aus Kalifornien Beiträge geleistet – beide ursprünglich aus Universitäten hervorgegangen, mit Fokus auf sowohl medizinische als auch industrielle Exoskelette, die teilweise in militärische Anwendungen übertragen werden.

Militärische Exoskelette in den USA und Kanada
Militärische Exoskelette in den USA und Kanada

Neben den Unternehmen spielen staatliche Institutionen und Forschungseinrichtungen eine entscheidende Rolle. Die US-amerikanische DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) investiert seit den 2000er-Jahren in Programme zur Soldatenunterstützung – bereits in den 1960ern förderte die US Army erste klobige Exoskelett-Prototypen wie den legendären „Hardiman“ von General Electric. Moderne DARPA-Programme wie „Warrior Web“ haben in den 2010ern die Entwicklung leichter, beweglicher Exosuits (auch textile Exoskelette genannt) vorangetrieben. Parallel arbeitet das US Army Research Laboratory und das DEVCOM Soldier Center (vormals Natick Soldier Research, Development and Engineering Center) eng mit Unternehmen und Universitäten zusammen, um Prototypen zu testen und zur Einsatzreife zu bringen. Auch das US Special Operations Command (SOCOM) war ein wichtiger Impulsgeber: Es initiierte das Projekt TALOS (Tactical Assault Light Operator Suit), das zeitweise Dutzende Firmen und Institute – von High-Tech-Schmieden bis zu Materialforschern – vereinte, um einen gepanzerten High-Tech-Anzug für Spezialeinheiten zu entwerfen.

In Kanada ist die Landschaft kleiner, aber keineswegs unbedeutend. Eine Schlüsselrolle spielt das Unternehmen B-Temia aus Québec, ein Pionier im Bereich „human augmentation“. B-Temia entwickelte die sogenannte Dermoskeleton-Technologie – motorisierte orthopädische Stützsysteme – und lizenziert diese sowohl an Militärpartner (so etwa an Lockheed Martin in den USA) als auch für medizinische Zwecke. Ein weiterer kanadischer Akteur ist Mawashi Science & Technology, ebenfalls in Québec ansässig: Mawashi hat sich mit einem passiven Exoskelett zur Entlastung von Infanteristen einen Namen gemacht. Auch kleinere High-Tech-Firmen wie Spring Loaded Technology (aus Halifax, bekannt für Federkraft-Knieorthesen) sowie Forschungsgruppen an Universitäten (etwa an der University of Ottawa oder University of New Brunswick) tragen in Kanada zur Entwicklung bei. Auf Regierungsseite koordinieren die Defence Research and Development Canada (DRDC) und das kanadische Verteidigungsministerium entsprechende Projekte, häufig in Kollaboration mit den US-Streitkräften oder im NATO-Rahmen.

Insgesamt ergibt sich ein Netzwerk aus Herstellern, Militärlaboren und Hochschulen, das grenzübergreifend an der nächsten Generation von Soldatenausrüstung arbeitet. Während amerikanische Großunternehmen oft die aufsehenerregenden Demonstratoren bauen, liefern Startups und Hochschulen spezielles Know-how – von neuartigen Aktuatoren bis zu Steuerungssoftware. Kanadische Firmen wiederum profitieren von Partnerschaften mit US-Konzernen, um ihre Entwicklungen im größeren Maßstab zur Anwendung zu bringen. Dieses Geflecht ermöglicht es, verschiedene Ansätze zu verfolgen, vom schweren mechanischen Exoskelett bis zum leichten textilen Assistenzanzug.

Militärische Exoskelette in den USA und Kanada: Von Laborprototypen bis zum Feldeinsatz

Die Vision vom „Super-Soldaten“ im Exoskelett nimmt in einer Reihe konkreter Modelle Gestalt an. Einige davon befinden sich noch in der Erprobung, andere werden bereits in ersten Einheiten getestet oder sogar eingesetzt. Ein Überblick über wichtige Exoskelett-Systeme aus den USA und Kanada zeigt die Vielfalt der Ansätze:

  • Lockheed Martin ONYX: Dieses moderne Exoskelett der US-Firma Lockheed Martin ist ein angetriebenes Unterkörper-Exoskelett (fokussiert auf Beine und Hüfte). ONYX wurde in Kooperation mit B-Temia entwickelt und nutzt elektrische Motoren an den Kniegelenken. Eine Suite aus Sensoren an Füßen, Knien und Hüfte erfasst die Bewegungen des Nutzers. Gesteuert von einer KI-gestützten Software im Hüftmodul, erkennt ONYX, wann der Träger z. B. eine Treppe hinaufsteigt oder sich mit Last bückt, und liefert genau im richtigen Moment unterstützendes Drehmoment an den Gelenken. Ziel ist es, die Belastung von Oberschenkeln, Knien und Rücken spürbar zu reduzieren. Tests mit US-Soldaten (u. a. bei der 10th Mountain Division) haben gezeigt, dass ONYX besonders beim Marschieren mit Gepäck oder beim Heben schwerer Gegenstände die Erschöpfung verringern kann. Das System ist batteriebetrieben und in der aktuellen Version wettergeschützt und „ruggedized“ für den Feldeinsatz konzipiert. ONYX befindet sich 2025 noch in der Evaluierungsphase durch die US Army – eine mögliche Einführung in spezielle Einheiten zur Lastenunterstützung wird diskutiert, falls Zuverlässigkeit und Tragekomfort unter Gefechtsbedingungen überzeugt.
  • HULC (Human Universal Load Carrier): Der HULC war ein früherer Prototyp, der ursprünglich von Ekso Bionics (damals Berkeley Bionics) entwickelt und später von Lockheed Martin lizenziert wurde. Es handelte sich um ein hydraulisch angetriebenes Exoskelett für Beine, mit dem ein Soldat theoretisch über 90 kg Zusatzgewicht tragen konnte. In Demonstrationen konnte ein HULC-Träger schwer bepackt laufen und sogar springen. Allerdings offenbarten Feldtests Probleme: Das System war sehr schwer und energiehungrig, sodass die notwendigen Batterien einen Großteil des Gewinns wieder zunichtemachten. Obwohl der HULC selbst nicht in den Einsatz ging, lieferte er wertvolle Erkenntnisse. Viele Komponenten – z. B. die mechanische Rahmenstruktur zur Kraftableitung in den Boden – flossen in nachfolgende Designs wie ONYX ein. Der HULC markiert einen wichtigen historischen Meilenstein (ca. 2010) und zeigte Machbarkeit und Grenzen eines voll tragbaren Lasten-Exoskeletts auf.
  • Raytheon Sarcos XOS-2: Raytheon präsentierte um 2010 mit seinem damaligen Tochterunternehmen Sarcos den XOS-2 Exoskelett-Anzug. Dieses vollkörperliche Exoskelett bedeckte Beine, Arme und Oberkörper des Trägers mit einer hydraulisch betriebenen Metallstruktur. Berühmt wurde der XOS-2 durch Vorführungen, in denen der Bediener mit Leichtigkeit Holzbretter zerschlug und hunderte Male hintereinander 90-kg-Gewichte hob, ohne zu ermüden. Die Konstruktion lieferte beeindruckende Kraftverstärkung – allerdings zum Preis der Mobilität: XOS-2 benötigte eine kabelgebundene externe Energieversorgung (ein stationäres Hydraulikaggregat), da zur damaligen Zeit kein tragbares Energiesystem in der Lage war, den hohen Strombedarf zu decken. Somit blieb XOS-2 auf Demo-Umgebungen beschränkt. Dennoch trieb dieses Projekt die Entwicklung robuster Aktuatoren und Steuerungen voran. Sarcos wurde später wieder aus Raytheon ausgegliedert und machte sich eigenständig daran, die gewonnene Erfahrung in praktischer verwertbare Produkte umzusetzen.
  • Sarcos Guardian XO: Heute gilt das Guardian XO von Sarcos als eines der fortschrittlichsten schweren Exoskelette weltweit. Es ist ein vollkörperliches, elektrisch betriebenes Exoskelett, das einem Benutzer ermöglicht, große Lasten zu heben und zu tragen, als hätte er „Superkraft“. Das Guardian XO besteht aus einer robotischen Rahmenstruktur für Beine und Arme, mit eigenen mechanischen Gelenken parallel zu den menschlichen. Starke Elektromotoren an Knie, Hüfte und Schultern übernehmen 100% der Gewichtslast schwerer Gegenstände – der Träger kann zum Beispiel 50 kg wie 5 kg empfinden. Entwickelt wurde das System vor allem für Logistikanwendungen: In Lagern, Werkstätten oder an Bord von Schiffen soll ein einzelner Soldat mit XO-Anzug mühelos Munition, Maschinenbauteile oder Versorgungsgüter bewegen können. Erste Tests liefen mit der US Navy und Marineinfanterie, die den Guardian XO für das Heben von Bomben, Wartung von Flugzeugteilen und ähnliche Tätigkeiten erprobte. Trotz seiner imposanten Leistungsfähigkeit bleibt die Energieversorgung die Herausforderung: Der Anzug wird von austauschbaren Hochleistungsbatterien gespeist, die etwa 2 Stunden Dauerbetrieb erlauben. Daher eignet er sich derzeit vor allem für kurze, definierte Einsätze oder ortsnahe Arbeiten, wo Batteriewechsel möglich sind. Sarcos arbeitet fortlaufend an Verbesserungen in Gewicht (der Anzug selbst wiegt über 50 kg) und Laufzeit. Perspektivisch könnte Guardian XO in Nachschub- und Technik-Einheiten der US-Streitkräfte zum Einsatz kommen, um Arbeitsunfälle zu vermeiden und die Produktivität zu steigern, ohne mehr Personal einzusetzen.
  • Mawashi UPRISE: Aus Kanada stammt mit UPRISE ein anderes Konzept eines Exoskeletts. Im Gegensatz zu den bisher genannten mechatronischen Systemen ist UPRISE passiv, kommt also ganz ohne externe Energiequelle aus. Dieses Exoskelett besteht aus einem ultraleichten mechanischen Gestänge, das wie ein zusätzliches Skelett an Rücken und Beinen getragen wird. Die Konstruktion wurde so entwickelt, dass sie einen Teil der Last, die der Soldat trägt (z. B. einen Rucksack oder Schutzwesten), in den Boden ableitet. Feder- und Gleitelemente an einer künstlichen Wirbelsäule und an den Beinschienen ermöglichen es, dass der Träger sich natürlich bewegen kann – bücken, knien, laufen – während das Exoskelett einen Großteil des Gewichts auffängt. Interne Tests und unabhängige Untersuchungen zeigten, dass UPRISE je nach Situation 25 bis 70 % der getragenen Last auf den Boden umlenken kann. Das bedeutet enorme Entlastung für Gelenke und Wirbelsäule: Weniger Muskelermüdung, geringeres Verletzungsrisiko und mehr Ausdauer beim Marschieren mit Gepäck. UPRISE wurde ursprünglich in Zusammenarbeit mit dem US SOCOM entwickelt (im Rahmen des TALOS-Projekts) und ab 2017 von kanadischen und US-Spezialkräften erprobt. Die einfache, robuste Technologie und das Fehlen von Elektronik machen es attraktiv für den Feldeinsatz – kein Batteriewechsel nötig, kaum Störanfälligkeit. Allerdings bietet ein passives System naturgemäß keine aktive Verstärkung: Es macht den Träger nicht stärker, sondern spart ihm nur Kräfte ein. Dennoch könnte UPRISE oder ähnliche Systeme bald vermehrt bei Infanterie und Pioniertruppen auftauchen, wo schwere Lasten zu tragen sind.
  • Revision Kinetic Operations Suit (PROWLER): Ein weiterer Beitrag aus Kanada war der experimentelle Kinetic Operations Suit der Firma Revision Military. Revision, eigentlich ein Hersteller von Schutzhelmen und -brillen, stellte 2015 auf einer Fachmesse einen Demonstrator vor, der eine voll integrierte Kampfmontur mit Exoskelett-Unterstützung darstellte. Herzstück war das PROWLER-Exoskelett, entwickelt von B-Temia, welches mit motorisierten Knieschienen die Beine entlastete. An dieses Unterkörper-Exoskelett dockte Revision dann eine flexible Halterung für eine ballistische Schutzweste und einen Helm an – im Effekt ein Teilsanzug, der die Last einer schweren Panzerung vom Körper des Soldaten in den Exoskelett-Rahmen umleitete. Zusätzlich enthielt der Anzug ein eingebautes Flüssigkühlsystem, um Überhitzung im Inneren der Panzerung zu verhindern. Der Kinetic Operations Suit entstand im Kontext des TALOS-Programms und demonstrierte, wie Schutz und Kraftassistenz kombiniert werden können: Der Soldat hätte damit zugleich eine erhebliche zusätzliche Panzerung tragen und sich dennoch relativ normal bewegen können, weil die Aktuatoren an den Beinen das Gewicht ausgleichen. Obwohl dieses Konzept keinen direkten Serien-Nachfolger fand (Revision zog sich aus dem Exoskelettbereich zurück), beeinflusste es die Vorstellung zukünftiger Kampfanzüge. Viele Spezialkräfte verfolgen weiterhin die Idee, schwere Schutzanzüge mittels Exoskelett tragbar zu machen – etwa für Minenräumkommando-Anzüge oder ballistische Ganzkörperschutzanzüge. Hier hat Revision einen eindrucksvollen Proof-of-Concept geliefert.
  • SABER Exosuit: Ein aktuelles Beispiel dafür, wie universitäre Forschung und Militär zusammenkommen, ist der SABER-Exosuit. SABER steht für Soldier Assistive Bionic Exosuit for Resupply und wurde in den USA von der Vanderbilt University gemeinsam mit der US Army entwickelt. Im Gegensatz zu den starren Metall-Exoskeletten ist SABER ein weicher Exosuit: Er besteht aus textilen Gurten, elastischen Bändern und speziellen Kompressions-Komponenten, die über Schultern, Rücken und Oberschenkel getragen werden. Sensoren und eine clevere mechanische Anordnung spannen die elastischen Elemente genau dann, wenn der Soldat schwere Lasten hebt oder trägt, und entlasten so die Muskulatur. In Feldtests 2022 mit Nachschub-Einheiten (z. B. der 101st Airborne Division) zeigte sich, dass Soldaten mit dem SABER-Anzug etwa 60 % länger schwere Lasten tragen konnten, bevor sie ermüdeten, verglichen mit ohne Anzug. Die Akzeptanz war hoch – die meisten Probanden gaben an, den Exosuit im Dienst tragen zu wollen. SABER erfordert keine schweren Batterien; das System ist eher ein intelligenter Kraftumlenker als ein roboterartiger Anzug. Seit 2023 wird SABER in ersten Versorgungseinheiten erprobt und von der Firma HeroWear (einem Startup, das auch industrielle Exosuits baut) für die Serienfertigung vorbereitet. Dieses Projekt illustriert den Trend zu leichteren, alltagstauglichen Exoskeletten, die speziell für definierte Aufgaben (hier: Munition und Nachschub tragen) maßgeschneidert sind.
  • Harvard/Wyss Soft Exosuit: Ebenfalls erwähnenswert ist ein Soft-Exosuit, der am Wyss Institute der Harvard University mit DARPA-Mitteln entwickelt wurde. Dieser anziehbare Textilanzug mit eingewebten Aktuatoren wurde ursprünglich konzipiert, um Soldaten beim Marschieren zu unterstützen und Verletzungen zu verhindern. Dünne, geräuscharme Seilzüge entlang der Beine, angetrieben von kleinen Motoren im Hüftbereich, helfen beim Gehen, indem sie z. B. beim Fußheben einen Teil der Arbeit übernehmen. Das System ist so flexibel wie eine Kleidungsschicht und lässt volle Bewegungsfreiheit. In militärischen Feldtests (unter dem „Warrior Web“-Programm) verringerte es messbar den Energieaufwand beim Gehen mit Gepäck. Später fand diese Technologie auch zivile Anwendungen: Eine abgewandelte Version wird inzwischen als Reha-Hilfe für Schlaganfallpatienten vermarktet. Im militärischen Kontext hat der Soft Exosuit gezeigt, dass Weichrobotik eine echte Alternative zu starren Exoskeletten sein kann, wenn es darum geht, Ausdauer zu steigern und Verletzungen vorzubeugen.

Diese Beispiele sind nur ein Ausschnitt der aktuellen Entwicklungen. Weitere erwähnenswerte Systeme sind etwa das FORTIS-Knee-Stress-Relief-Device (eine Art motorisierte Beinschiene von Lockheed zur Entlastung beim Treppensteigen, die als Teil von ONYX betrachtet werden kann) oder experimentelle Modelle der US Navy für Werftarbeiter, die beim Über-Kopf-Arbeiten unterstützen. Auch Exoskelette für spezifische Anwendungen, wie etwa ein medizinisches Trage-Exoskelett, befinden sich in Konzeptphase – man stellt sich z. B. einen Anzug vor, mit dem ein Sanitäter einen Verwundeten wie in einer Trage allein transportieren könnte.

Summa summarum stehen einige militärische Exoskelette bereits an der Schwelle zur Einsatzreife. Vor wenigen Jahren existierten fast nur Labor-Demonstratoren; jetzt werden ausgewählte Modelle tatsächlich Truppen vorgeführt und von Soldaten erprobt. Die Bandbreite reicht vom schweren robotischen Anzug für enorme Lasten bis zum leichten Exosuit für mehr Ausdauer. Jedes Modell hat Stärken, aber auch Grenzen – was deutlich macht, dass es die eine perfekte Lösung noch nicht gibt. Unterschiedliche militärische Aufgaben erfordern angepasste Exoskelett-Typen, und genau diese Vielfalt spiegelt sich in den aktuellen Entwicklungen wider.

High-Tech unter der Haube: Technische Aspekte moderner Exoskelette

Hinter der scheinbaren Mühelosigkeit, mit der ein Exoskelett seinen Träger unterstützt, verbirgt sich ein Zusammenspiel komplexer Technologien. Von Sensorik über Materialwissenschaft bis Software-Algorithmen greifen zahlreiche technische Aspekte ineinander. Im Folgenden werden die wichtigsten Komponenten und Herausforderungen beleuchtet:

  • Sensorik: Exoskelette müssen die Absichten und Bewegungen ihres Trägers in Echtzeit erfassen, um richtig zu reagieren. Dafür kommen verschiedenste Sensoren zum Einsatz. Häufig sind Inertialsensoren (Gyroskope, Beschleunigungsmesser) an Beinen und Rücken verbaut, die Neigungen, Beschleunigungen und Positionen messen. Drucksensoren in den Schuhsohlen oder an Gelenkpunkten registrieren, wann der Nutzer sein Gewicht verlagert oder einen Fuß aufsetzt. Moderne Systeme nutzen zudem Kraftsensoren an mechanischen Verbindungspunkten: Diese spüren z.B., wenn der Soldat eine Last anhebt, und können so einen Hebevorgang erkennen. In einigen Forschungsprojekten wird auch mit EMG-Sensorik (Elektromyografie) experimentiert, die die elektrische Aktivität der Muskeln über die Haut misst – so könnte ein Exoskelett sogar vorab „erahnen“, welche Bewegung der Nutzer gleich ausführen will, indem es die Spannung in den Muskeln liest. Die Daten all dieser Sensoren werden laufend gesammelt und von der Steuereinheit ausgewertet.
  • Aktuatoren (Antriebe): Das Herzstück eines aktiven Exoskeletts sind die Aktuatoren – also die motorischen Elemente, die Kraft erzeugen und an den Träger weitergeben. Hier gibt es unterschiedliche Bauarten: Viele aktuelle Systeme verwenden elektrische Motoren, meist kraftvolle bürstenlose Gleichstrommotoren, in Kombination mit Getrieben, um das erforderliche Drehmoment zu erzielen. Diese Motoren treiben dann entweder direkt Gelenke an (z.B. ein motorisiertes Scharnier am Knie) oder ziehen über Seilzüge/Spindeln an einer Struktur, um eine Bewegung zu unterstützen. Vorteile elektrischer Aktuatoren sind die feine Steuerbarkeit und die immer bessere Energiedichte moderner Motoren. Andere Ansätze setzten auf Hydraulik: Insbesondere bei sehr hohen Kraftanforderungen (wie beim XOS-Anzug) kommen Hydraulikzylinder zum Einsatz, die mit Drucköl bewegt werden. Hydraulik kann enorme Kräfte in kompakter Form bereitstellen, erfordert aber Pumpen und ist wartungsaufwendig. In jüngerer Zeit wird auch Pneumatik (Druckluft) oder neuartige weiche Aktuatoren (z.B. pneumatische Muskeln oder elektroaktive Polymere) untersucht, vor allem für Soft-Exosuits. Ein Beispiel sind elastische Gewebebälge, die sich mit Druckluft kontrahieren und so ähnlich wie Muskeln wirken. Die Herausforderung für alle Aktuatoren in Exoskeletten ist ein günstiges Verhältnis von Kraft zu Gewicht – schließlich muss alles, was den Soldaten unterstützt, von ihm mitgetragen werden. Starke Motoren und Zylinder sind oft schwer; die Kunst liegt darin, kompakte, leichte Antriebe zu finden, die dennoch genügend Unterstützung liefern.
  • Energieversorgung: Strom ist der Treibstoff der meisten modernen Exoskelette. Da mobile Feldeinsätze keine dauerhafte Kabelverbindung erlauben, sind leistungsfähige Batterien essentiell. Hier hat es in den letzten Jahren zwar Fortschritte gegeben (Lithium-Ionen-Akkus mit hoher Energiedichte, neuere Lithium-Polymer- und Lithium-Eisen-Phosphat-Varianten), doch bleibt die begrenzte Laufzeit ein Hemmschuh. Ein typisches aktives Exoskelett bringt es derzeit auf einige Stunden Betrieb, bevor die Akkus leer sind. Beispielsweise wiegt ein Batteriesatz, der ~8 Stunden Marsch-Unterstützung liefert, mehrere Kilogramm – zusätzlich zum Gewicht des Exoskelett-Rahmens. Daher werden in Szenarien wie bei Guardian XO eher Wechselakkus genutzt und die Einsätze zeitlich geplant. Alternativ denken Forscher über Hybridlösungen nach: Kleine tragbare Verbrennungsmotoren oder Turbinen, die einen Generator antreiben (ähnlich wie ein Range Extender), könnten längerfristig Strom erzeugen, sind aber laut und komplex. Auch Brennstoffzellen auf Wasserstoffbasis werden untersucht, da sie geräuschlos sind und hohe Energiedichten versprechen; ihre Robustheit für den Militäralltag ist jedoch noch nicht erwiesen. Ein weiterer Aspekt ist die Möglichkeit der Energierückgewinnung: Einige Exoskelette versuchen, beim Abbremsen von Bewegungen oder Bergabgehen Energie zurückzugewinnen (ähnlich wie Rekuperation bei E-Fahrzeugen) – dies kann die Effizienz steigern, ist aber technisch anspruchsvoll. Zusammenfassend bleibt die Energieversorgung der limitierende Faktor vieler Exoskelette: Die Hardware könnte oft mehr leisten, wenn die Stromquelle länger mitmachen würde.
  • Materialien und Konstruktion: Ein militärisches Exoskelett muss leicht und gleichzeitig robust sein. Deshalb kommen hochfeste Materialien zum Einsatz: Rahmen und Gelenke werden häufig aus Aluminium- oder Titanlegierungen gefertigt, um Gewicht zu sparen. Auch Kohlefaserverbundwerkstoffe sind beliebt – zum Beispiel werden Verbindungsstreben oder äußere Abdeckungen aus Carbon hergestellt, das extrem stabil und leicht ist. Allerdings müssen Verbindungen, die hohe Kräfte übertragen, präzise gefertigt und aus metallischen Werkstoffen sein, um Dauerhaltbarkeit zu gewährleisten. Gleichzeitig spielt die ergonomische Konstruktion eine große Rolle: Die mechanischen Gelenke des Exoskeletts müssen sich im Takt mit den biologischen Gelenken bewegen, ohne zu scheuern oder die Beweglichkeit einzuschränken. Hier fließen Erkenntnisse aus der Biomechanik ein – etwa wie sich die Wirbelsäule beim Laufen verdreht oder wie das Becken kippt. Moderne Exoskelette haben daher oft mehrere Freiheitsgrade pro Gelenksegment, damit sich die Maschinenstruktur an die natürliche Bewegung anpassen kann (z.B. ein drehbarer Hüftgelenksaufsatz, der seitliche Schritte erlaubt). Auch Klimabeständigkeit ist ein Thema: Materialien müssen Hitze, Kälte, Feuchtigkeit und Sand aushalten, ohne zu verspröden oder zu rosten. Deshalb werden militärische Prototypen in Klimakammern getestet und Bauteile oft mit Schutzbeschichtungen versehen. Nicht zuletzt kommen in speziellen Fällen auch neuartige Materialien ins Spiel – so wird an aktiven Panzern mit flüssiger Rüstung geforscht (Fluids, die bei Krafteinwirkung schlagartig verhärten), die man in Exoskelett-Anzügen integrieren könnte, um sowohl Beweglichkeit als auch Schutz zu bieten.
  • Steuerungssysteme: Das „Gehirn“ eines Exoskeletts ist das Steuerungssystem – im Kern ein eingebetteter Computer mit cleverer Software. Diese Steuereinheit erhält Daten von der Sensorik und muss in Millisekunden entscheiden, wie die Aktuatoren anzusteuern sind, um den Nutzer optimal zu unterstützen. Ein zentrales Element ist dabei die Bewegungserkennung und -vorhersage. Beispielsweise muss die Software unterscheiden, ob der Soldat gerade gehen will, rennt, sich hinkniet oder vielleicht abspringt, um über ein Hindernis zu springen. Frühere Generationen setzten hierfür auf vordefinierte Profile und Schwellenwerte der Sensoren. Heutige Systeme nutzen zunehmend künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning: So „lernt“ etwa ONYX durch AI-Algorithmen die spezifische Gangart und Gewichtsverlagerung des Trägers kennen und passt seine Unterstützung individuell an. Die Herausforderung besteht darin, den richtigen Grad an Assistenz zu liefern – genug, um zu entlasten, aber nicht so viel, dass es die natürliche Bewegung stört oder der Nutzer das Gefühl der Kontrolle verliert. Daher sind Regelkreise implementiert, die ständig Rückmeldungen verarbeiten: z.B. regelt die Software nach, wenn ein Schritt doch anders ausfällt als vorhergesagt. Moderne Exoskelette haben oft mehrere Betriebsmodi – etwa „Marschieren“, „Last heben“ oder „Laufen“ – zwischen denen automatisch umgeschaltet wird. Einige verfügen über manuelle Overrides oder Abschaltungen, sodass der Soldat im Notfall die Kontrolle komplett übernehmen kann. Eine besondere Anforderung an die Steuerung ist außerdem die Synchronisation mehrerer Aktuatoren: Bei einem vollkörperlichen Exoskelett müssen Arme und Beine koordiniert bewegt werden, um Gleichgewicht zu halten. Hier kommen fortschrittliche Algorithmen zum Einsatz, die in Echtzeit Stabilität berechnen (ähnlich wie die Balance-Steuerung bei zweibeinigen Robotern). Letztlich soll das Exoskelett wie eine Verlängerung des eigenen Körpers funktionieren – die Technik dahinter bleibt am besten unsichtbar in der Reaktion, erfordert aber hochentwickelte Software und Sensorfusion.
  • Softwareintegration und Vernetzung: Über die reine Bewegungssteuerung hinaus denken Entwickler bereits an die Integration von Exoskeletten ins digitale Gefechtsfeld. Das bedeutet, ein Exoskelett könnte in Zukunft mit den anderen elektronischen Systemen des Soldaten vernetzt sein: Funkgeräte, Helmsensoren, Zieloptiken etc. So ließe sich z. B. die Vitaldatenüberwachung einbinden – das Exoskelett könnte Herzfrequenz oder Ermüdungsindikatoren seines Trägers melden, was dem Truppenführer anzeigt, wann seine Soldaten erschöpft sind. Auch Navigationsdaten oder Missionsbefehle könnten ins System eingespeist werden, damit ein Exoskelett weiß, wann Eile geboten ist (und mehr Unterstützung liefert) oder wann Vorsicht und ruhige Bewegungen nötig sind. Eine weitere Facette ist die Software-Sicherheit: Da Exoskelette letztlich Roboter sind, müssen sie vor Hacking oder Störungen geschützt werden. Militärische Modelle verwenden daher verschlüsselte Verbindungen zwischen Sensoren und Aktuatoren und haben Failsafe-Mechanismen, die bei Fehlern das System in einen sicheren Zustand versetzen (etwa Freilauf der Gelenke, damit der Benutzer sich im Notfall befreien kann).
Militärische Exoskelette: USA und Kanada
Militärische Exoskelette: USA und Kanada

Zusammengefasst sind moderne militärische Exoskelette wahre High-Tech-Wunderwerke, in denen fortschrittliche Mechanik, Elektronik und Informatik zusammenkommen. Die Abstimmung all dieser Aspekte ist entscheidend: Selbst das beste Material nützt nichts, wenn die Steuerungssoftware nicht zuverlässig ist; der stärkste Motor bringt keine Vorteile, wenn die Batterie nach 30 Minuten leer ist. Die Entwickler arbeiten daher interdisziplinär – Maschinenbauer, Elektroniker, Biomechaniker und KI-Spezialisten sitzen gemeinsam am Tisch, um den Spagat zwischen Leistungsfähigkeit und Praxistauglichkeit zu schaffen. Jede technische Verbesserung – sei es ein paar Prozent mehr Akku-Kapazität oder ein schnellerer Sensor – kann unmittelbar in spürbare Erleichterung für die Soldaten münden. Dennoch bleibt die Technik so komplex, dass militärische Exoskelette heute noch eher als Prototypen oder erste Pilotprodukte anzusehen sind. Ihre Zuverlässigkeit in harten Einsatzbedingungen (Hitze, Dreck, Dauerbelastung) wird weiter erprobt und verbessert, damit aus den High-Tech-Geräten bald robuste Feldsysteme werden.

Vom Nachschub bis zum Häuserkampf: Einsatzkontexte für militärische Exoskelette

Wo genau werden militärische Exoskelette eingesetzt oder in Zukunft eingesetzt werden? Die möglichen Anwendungsbereiche in Militär und sicherheitsrelevanten Organisationen sind vielfältig. Einige Einsatzkontexte haben sich als besonders geeignet und vordringlich herauskristallisiert:

1. Logistik und Nachschub: Einer der naheliegendsten Einsatzzwecke ist die Unterstützung bei Transport- und Hebetätigkeiten. In Lagern, Depots und Feldbasen müssen täglich tonnenweise Material bewegt werden – Munition, Proviant, Waffen, Bauteile. Exoskelette wie der Sarcos Guardian XO oder das leichtere SABER-Exosuit sind prädestiniert dafür, das Personal in Nachschubtruppen zu entlasten. Ein Soldat mit Exoskelett kann z.B. alleine schwere Kisten stapeln, Fahrzeuge beladen oder Verletzte tragen, was sonst mehrere Personen erfordern würde. In engen Räumen (Laderäume von Schiffen, Flugzeugbäuche) ist es oft effizienter, wenn ein einzelner Mensch agiert statt ein Gabelstapler – mit mechanischer Verstärkung durch einen Anzug kann dieser Mensch aber Lasten bewegen, die seine natürliche Kraft übersteigen. Beladungsteams könnten somit schneller arbeiten und wären weniger erschöpft, was gerade in intensiven Phasen (etwa kurz vor Missionsbeginn, wenn Gerät verteilt wird) ein großer Vorteil ist. Auch beim Bau von Feldlagern oder Infrastruktur (Betonbarrieren aufstellen, Sandsäcke schleppen) könnten Exoskelette zu wertvollen Helfern werden, indem sie die Rückenschäden und Überlastungsverletzungen reduzieren, die solche Arbeiten oft mit sich bringen.

2. Infanterie im Gefecht: Im eigentlichen Kampfeinsatz sind Exoskelette bislang noch nicht angekommen, aber es gibt vielversprechende Szenarien. Infanteriesoldaten tragen heute Ausrüstung von 30–50 kg über weite Strecken – von der Schutzausrüstung über Waffen, Funkgeräte bis zu Verpflegung und Spezialgerät. Diese Last führt zu schneller Ermüdung und langfristig oft zu Gelenkproblemen. Hier könnten leichte Exoskelette oder Exosuits einen großen Unterschied machen: Sie würden dem Soldaten zwar keine Superkräfte verleihen, aber das Tragen der Pflichtausrüstung „gewichtslos“ erscheinen lassen. So könnte ein Kämpfer länger rennen, ohne außer Atem zu geraten, oder nach einem Gewaltmarsch immer noch frisch in den Kampf gehen. Bei Gefechtspausen könnte das Exoskelett das Gewicht abfangen, sodass der Soldat in hockender Stellung ruhen kann, statt konstant das Gepäck schultern zu müssen. Auch schnelle Vorstöße in schwierigem Gelände (steile Hänge, Trümmerfelder) ließen sich mit Bein-Exoskeletten effizienter bewältigen. Ein weiterer Aspekt im Gefecht ist die Stabilisierung: Exoskelette könnten helfen, schwere Waffen ruhiger zu halten – etwa ein Scharfschütze, der ein schweres Präzisionsgewehr nutzt, oder ein MG-Schütze mit seinem Maschinengewehr, könnten von Unterstützung an Armen/Schultern profitieren, um genauer feuern zu können. Allerdings stellen Gefechtssituationen auch hohe Anforderungen: Das System darf keine Geräusche machen, die den Feind warnen, und es muss volle Bewegungsfreiheit in allen Lagen zulassen (Robustheit etwa beim Kriechen, Springen, in Deckung gehen). Daher sind vollmechanische Anzüge à la „Iron Man“ in naher Zukunft für Infanterie eher unwahrscheinlich – stattdessen fokussiert man auf Teilsysteme, die gezielt die Hauptlast tragen (z.B. nur Beine und Rücken). Solche Systeme könnten jedoch durchaus schon bald mitgeführt werden, zum Beispiel um einen beschwerlichen Anmarsch zu erleichtern und vor dem direkten Feuergefecht eventuell das Gestänge teilweise abzulegen, falls es hinderlich wäre.

3. Spezialkräfte und Spezialeinsätze: Exoskelette eröffnen besonders für Spezialkräfte neue Möglichkeiten. Diese Einheiten müssen oft in kleinen Teams komplexe Missionen bewältigen – wie das Aufbrechen stark gesicherter Türen, das rasche Bergen von Geiseln oder das Ausschalten feindlicher Infrastruktur. Ein Exoskelett kann einem Operator zusätzliche Kraft beim Breach geben: Mit mechanischer Unterstützung ließe sich etwa eine schwere Stahltür oder ein Tor schneller aufdrücken oder ein Rammbock mit verdoppelter Wucht einsetzen. Im Anti-Terror-Einsatz tragen einige Teams ballistische Schutzschilde, die sehr schwer sind – ein Exoskelett könnte das Gewicht eines großen Schutzschilds tragen, sodass ein Soldat es länger und stabiler vorhalten kann, während seine Hände frei bleiben für andere Aufgaben. SOCOMs TALOS-Programm zielte genau auf solche Anwendungen: Ein Anzug, der den Operator schützt (Kugelschutz, Splitterschutz) und ihm gleichzeitig erlaubt, ohne Bewegungseinbußen Zusatzgewicht (Panzerung, Waffen, Munition) mitzunehmen. Auch für Einsätze in extremen Umgebungen (z.B. arktische Temperaturen, wo dicke Schutzkleidung getragen wird, die Bewegungen hemmt) könnten Exoskelette das Mehrgewicht kompensieren und die Mobilität erhalten. Zudem sind Spezialkräfte oft Technologie-Vorreiter – sie testen neue Geräte zuerst. So könnte es sein, dass in den nächsten Jahren spezialisierte Exoskelett-Komponenten (etwa ein künstliches Exoskelett-Bein, um höher springen zu können) zunächst bei Commando-Teams experimentell genutzt werden, bevor sich eine breitere Einführung im regulären Militär ergibt.

4. Medizinische Unterstützung und Verwundetentransport: Auf dem Schlachtfeld entscheiden Sekunden, wenn es darum geht, Verwundete zu bergen und zu versorgen. Exoskelette können hier auf zwei Ebenen helfen: Zum einen könnten Sanitäter in Exoskeletten schweres medizinisches Gerät oder Schutzausrüstung tragen und so besser ausgerüstet zum Verwundeten gelangen. Zum anderen könnte ein einzelner Soldat mit Exo-Anzug einen verletzten Kameraden tragen oder schleppen, was normalerweise zwei oder mehr Retter erfordert. Man stelle sich einen Trage-Assistenten vor: Zwei mechanische Greifarme oder ein Gestell, das an einem Exoskelett befestigt ist, können einen liegenden Verletzten hochheben, während der Träger läuft – damit könnte ein Sanitäter einen Verwundeten allein wie auf einer Krankentrage transportieren. In Kampfzonen, wo nicht immer genug Personal gleichzeitig verfügbar ist, kann dies Leben retten. Auch das Halten von Ruhepositionen – etwa kniend bei einem Patienten – wird mit Exoskelett leichter, da der Anzug die statische Belastung abfängt. Abseits des unmittelbaren Gefechtsfeldes nutzen Militärs Exoskelette bereits für die Rehabilitation: In Veteranenkrankenhäusern kommen medizinische Exoskelette (z.B. ReWalk, EksoGT) zum Einsatz, um querschnittsgelähmte Veteranen wieder aufstehen und gehen zu lassen. Das ist zwar kein Kampfeinsatz, zeigt aber die breite Anwendbarkeit der Technologie im militärischen Kontext, vom Schlachtfeld bis zur Medizin.

5. Pionier- und Rettungseinsätze: Militärische Kräfte werden oft auch bei Katastrophen und Rettungseinsätzen im zivilen Bereich eingesetzt – etwa bei Erdbeben, Überschwemmungen oder Industrieunglücken. Exoskelette könnten hier ähnlich wie in der Logistik unschätzbare Dienste leisten: Ein Rettungsteam mit Exoskelett kann Trümmerteile schneller wegräumen, Verschüttete aus eingestürzten Gebäuden heben oder Sandsäcke schleppen, um Dämme zu bauen. Gerade in unübersichtlichen Trümmerlandschaften ist ein menschlicher Retter flexibler als ein Fahrzeug – mit mechanischer Unterstützung kann dieser Retter aber viel mehr leisten. Auch Feuerwehr- und ABC-Einheiten (Atomar, Biologisch, Chemisch) interessieren sich für Exoskelette: Ein Brandschützer in einem Exo-Anzug könnte länger einen schweren Wasserschlauch halten oder Türen aufstemmen; ein ABC-Soldat könnte im Schutzanzug (der sehr anstrengend zu tragen ist) länger arbeiten, da das Exoskelett die Last des Schutzanzugs und der Filtergeräte trägt. Kanada hat in gemeinsamen Übungen mit Verbündeten bereits Exoskelett-Prototypen in solchen Urbanen Szenarien getestet – unter anderem liefen 2018 Soldaten in Montréal mit Lasten-Exoskeletten im Katastrophenübungs-Szenario. Die Ergebnisse stimmen optimistisch, dass Exoskelette nicht nur im Kampf, sondern auch im Heimatschutz und Zivilschutz wertvolle Werkzeuge werden.

Neben diesen Hauptkontexten gibt es noch zahlreiche weitere denkbare Einsatzfelder. Beispielsweise diskutiert die US Navy Exoskelette für Werftarbeiter und Marinesoldaten an Bord: Das Beladen von Torpedos oder das Halten schwerer Werkzeuge bei der Schiffswartung könnte durch tragbare Unterstützungssysteme erleichtert werden. Die Air Force denkt über Exoskelette für Flugzeugtechniker nach, damit diese stundenlang mit den Armen über Kopf in Triebwerken arbeiten können, ohne vor Erschöpfung die Präzision zu verlieren – erste kommerzielle „Exo-Arme“ für solche Zwecke gibt es bereits. Selbst im Wachdienst oder bei langen Patrouillen könnten leichte Exosuits eingesetzt werden, damit Soldaten weniger schnell ermüden und konzentrierter bleiben.

Kurzum, überall dort, wo im militärischen Umfeld schwere körperliche Arbeit oder langandauernde Belastung eine Rolle spielt, können Exoskelette ansetzen. Die Technologie ist darauf ausgerichtet, menschliche Schwachpunkte – begrenzte Kraft, begrenzte Ausdauer, Verletzungsanfälligkeit – auszugleichen oder zu mildern. Wichtig ist jedoch, dass die Exoskelette zuverlässig sind, denn ein Versagen im falschen Moment (etwa mitten im Gefecht) könnte gefährlich werden. Daher werden die Systeme zunächst in kontrollierteren Szenarien eingeführt, wie Logistik und Basisbetrieb, bevor man sie in hochdynamische Gefechtssituationen schickt. Nach und nach, mit steigender Robustheit und Vertrauen in die Technik, dürften die Einsatzszenarien expandieren – mit dem Fernziel, den Soldaten in nahezu jeder Situation einen Vorteil zu verschaffen, wenn es um körperliche Leistungsfähigkeit geht.

Schlüssel-Fähigkeiten: Was militärische Exoskelette leisten müssen

Bei all den unterschiedlichen Exoskelett-Typen und Einsatzbereichen kristallisieren sich doch einige Schlüsselfähigkeiten heraus, die als besonders wichtig gelten. Militärplaner und Entwickler richten ihr Augenmerk vor allem auf folgende Leistungsmerkmale, die ein militärisches Exoskelett erbringen sollte:

  • Lastenreduktion und Kraftverstärkung: Die primäre Aufgabe vieler Exoskelette ist es, dem Soldaten einen Teil seiner Last abzunehmen oder seine Kraft zu vervielfachen. Ob es darum geht, einen 40-kg-Rucksack so zu tragen, als wiege er nur 5 kg, oder 100 kg an Ausrüstung zu heben, die Verstärkung der menschlichen Muskelkraft steht im Mittelpunkt. Dieses Merkmal bedeutet, dass Soldaten schwerere Ausrüstung mitführen können, ohne schneller zu ermüden, oder dass eine einzelne Person Aufgaben erledigen kann, für die sonst mehrere benötigt würden.
  • Ausdauersteigerung und Ermüdungsverringerung: Direkt damit verbunden ist die Fähigkeit, die körperliche Ausdauer massiv zu erhöhen. Exoskelette sollen dafür sorgen, dass ein Soldat nach stundenlangem Marschieren oder Arbeiten noch einsatzfähig ist. Indem die mechanische Unterstützung einen Teil der Arbeit übernimmt, sinkt der Energieverbrauch im Körper – der Soldat spart Kräfte und kann länger durchhalten. Das reduziert nicht nur die Erschöpfung im Einsatz, sondern verringert auch die Erholungszeiten nach anstrengenden Aktivitäten.
  • Schnelligkeit und Mobilität trotz Belastung: Eine wichtige Kennzahl ist, inwiefern ein Soldat mit Exoskelett schneller oder mindestens gleich schnell bleiben kann, selbst wenn er schwere Last trägt. Ideal ist, wenn die Hilfsstruktur es erlaubt, dass ein voll ausgerüsteter Soldat so agil ist wie ein leichter infanterist ohne Gepäck. Das bedeutet hohe Anforderungen an die Dynamik – das Exoskelett muss reibungslose Bewegungen erlauben, schnelle Schritte, Sprints, Richtungswechsel. Einige Systeme könnten perspektivisch sogar die Sprintfähigkeit erhöhen, wobei derzeit eher die Erhaltung der normalen Geschwindigkeit unter Last im Fokus steht.
  • Schutz und Verletzungsprävention: Exoskelette sollen die Gesundheit der Soldaten schützen. Einerseits unmittelbar: Wenn der Anzug als Träger für Panzerung dient, kann der Soldat mehr Schutzplatten tragen (z. B. Oberschenkel-, Unterschenkel- und Armprotektoren zusätzlich zur Weste), was seine Überlebenschance im Gefecht erhöht. Andererseits mittelbar: Durch Entlastung von Gelenken und Wirbelsäule sinkt das Risiko von Stressverletzungen, Rückenproblemen und Gelenkschäden erheblich. Auch akute Verletzungen – etwa Überdehnungen, Muskelrisse beim Heben – können vermieden werden, weil das Exoskelett extreme Bewegungen abfängt. Langfristig heißt das: geringerer Verschleiß des „menschlichen Materials“, die Soldaten bleiben länger einsatzfähig und erleiden weniger Dienstunfähigkeiten durch orthopädische Schäden.
  • Stabilität und Präzision: Eine oft übersehene Fähigkeit von Exoskeletten ist die Verbesserung der Stabilität. Ein gut konstruiertes Exoskelett kann einem Soldaten einen festen Stand geben, selbst auf unebenem Gelände oder bei Rückstoß von Waffen. Zudem lassen sich präzise Bewegungen unterstützen – z. B. beim Bedienen schwerer Werkzeuge oder Waffen. Wenn der mechanische Rahmen Zittern herausfiltert, kann ein Soldat ruhiger zielen oder feiner arbeiten. Besonders im technischen Bereich (Entschärfen von Bomben, Arbeiten mit Schneidbrennern etc.) ist diese ruhige Hand viel wert.
  • Benutzerfreundlichkeit und Integration: Nicht zuletzt ist die praktische Handhabbarkeit eine „weiche“, aber entscheidende Fähigkeit. Ein Exoskelett nützt nichts, wenn es zwei Stunden zum Anlegen braucht oder spezielle Techniker für Wartung erfordert. Gute Systeme müssen einfach anzulegen sein, sich an verschiedene Körpergrößen anpassen lassen und mit der bestehenden Ausrüstung (Uniform, Rucksack, Waffen) kompatibel sein. Ebenso sollen sie die Sinneswahrnehmung nicht einschränken – also Sichtfeld, Gehör und Tastsinn nicht behindern. Je intuitiver die Bedienung, desto besser: Im Idealfall vergisst der Nutzer, dass er einen Anzug trägt, weil die Interaktion so natürlich ist. Diese Benutzerfreundlichkeit ist eine „Fähigkeit“ für sich, die über Akzeptanz und breite Nutzbarkeit entscheidet.

Alle diese Fähigkeiten zusammen definieren das Zielbild des militärischen Exoskeletts: ein systemischer Kraft-Multiplikator, der den Menschen stärker, ausdauernder und sicherer macht, ohne ihn dabei seiner eigenen Fertigkeiten zu berauben. Die Entwicklungen in den USA und Kanada orientieren sich an diesen Anforderungen. Unterschiedliche Modelle mögen verschiedene Schwerpunkte setzen – das eine maximiert die Lastenreduktion, das andere legt Wert auf Schutzintegration – aber letztlich sollen die Systeme die Effektivität der Soldaten steigern und zugleich deren körperliche Kosten senken. Diese Doppelrolle (Steigerung der Leistungsfähigkeit bei gleichzeitiger Humanisierung der Arbeitslast) macht Exoskelette so attraktiv für Militärplaner. Jede Fähigkeit, die ein Exoskelett übernimmt, ist eine Fähigkeit, die beim Soldaten frei wird – sei es mehr Kraft für andere Aufgaben oder mehr Konzentration, weil weniger Schmerz und Ermüdung ablenken. In der Summe könnte dies die Art und Weise verändern, wie militärische Operationen geplant und durchgeführt werden.

Forschung und Entwicklung: Wer treibt die Innovation voran?

Die Frage „Wer forscht aktuell woran?“ lässt sich in Nordamerika mit einem Wort beantworten: vielen. Eine breite Palette von Akteuren in den USA und Kanada treibt parallel die Grenzen der Exoskelett-Technologie weiter hinaus. Die Zusammenarbeit zwischen Militär, Industrie und akademischer Forschung ist dabei eng – oft verschwimmen die Rollen, wenn beispielsweise ein Rüstungsunternehmen ein Uni-Labor finanziert oder militärische Forschungsabteilungen eigene Prototypen bauen.

In den USA sind mehrere Forschungsprogramme der Regierung federführend. Die DARPA bleibt ein wesentlicher Geldgeber für visionäre Ansätze. Nach Programmen wie „Warrior Web“ (Soft-Exosuits) investiert DARPA weiterhin in neuartige Materialien und neuronale Schnittstellen, um Exoskelette noch effektiver zu machen. So gibt es Projekte, die untersuchen, wie Gehirnsignale oder Muskelsignale direkt genutzt werden können, um ein Exoskelett noch schneller und präziser zu steuern – praktisch Gedankensteuerung als Fernziel. Parallel arbeitet das Army Research Laboratory an den ganz praktischen Problemen: Wie robust wird ein Exoskelett? Hier werden zum Beispiel Klimatests durchgeführt, oder es wird erforscht, welche Standardisierung nötig ist, damit zukünftige Exos aller Hersteller mit der Ausrüstung der Army harmonieren. Auch das Marine Corps und die Navy haben eigene kleine Forschungsgruppen, oft in Kooperation mit Firmen wie Sarcos, um spezifische Anforderungen (z.B. Arbeiten auf Schiffen, wo Salzwasser und enge Räume eine Rolle spielen) zu adressieren.

Universitäten und Hochschulinstitute tragen erheblich zur Innovation bei. Vanderbilt University haben wir bereits mit dem SABER-Exosuit erwähnt. Dort und an anderen Unis (z.B. MIT, Stanford, Carnegie Mellon) entstehen ständig neue Ideen – von verbesserter Ganganalyse mittels KI bis hin zu künstlichen Muskeln aus smarten Materialien. Ein bekanntes akademisches Zentrum ist das Wyss Institute (Harvard), das weiterhin im Bereich der weichen Exoskelette forscht. Auch die University of Michigan und die UC Berkeley führen biomechanische Studien durch, die direkt ins Design von Exoskeletten einfließen (etwa Optimierung der Energie-Effizienz beim Gehen mit Unterstützung).

In der Industrie sind es neben den Großunternehmen Lockheed Martin und Sarcos auch viele kleinere Firmen, die einzelne Komponenten revolutionieren. Ein Beispiel ist Dephy, ein US-Startup, das extrem leichte und effiziente Motor-Aktuatoren entwickelt – quasi die „Muskeln“ für zukünftige Exoskelette. Solche Firmen erhalten oft Aufträge im Rahmen von SBIR-Programmen (Small Business Innovative Research) des US-Verteidigungsministeriums. Auch Roam Robotics in den USA experimentiert im Grenzbereich zwischen zivil und militärisch: Ihre aufblasbaren Knie-Exos (für Skifahrer und bald auch Soldaten) zeigen, dass man mit unkonventionellen Technologien wie pneumatischen Kunstmuskeln Erfolge erzielen kann. Auf der anderen Seite investieren klassische Rüstungszulieferer wie Boeing oder Northrop Grumman in Studien, wie Exoskelette ins System „Soldat der Zukunft“ passen – hier geht es um die Integration ins Gesamtpaket von Vernetzung, Sensorik und Ausrüstung.

In Kanada ist die Forschung stärker fokussiert, aber punktuell sehr innovativ. B-Temia arbeitet kontinuierlich daran, seine Dermoskeleton-Technik zu verbessern – sowohl für zivile Rehabilitationskunden als auch mit Blick auf militärische Leistungssteigerung. Man kooperiert mit der kanadischen Armee und internationalen Partnern, um die Software der Steuerung immer intuitiver zu machen. Mawashi seinerseits hat gemeinsam mit DRDC Studien durchgeführt, wie ihr passives Exoskelett von Soldaten akzeptiert wird und wie viel Leistungszuwachs es im Durchschnitt bringt. Auch kanadische Universitäten sind einbezogen: So entstand z.B. eine Konsortialstudie unter NATO-Beteiligung, an der auch kanadische Forscher mitwirkten, um Standards für Testmethoden von Exoskeletten zu erarbeiten – damit man international vergleichbare Daten hat, was ein System wirklich leistet. Ein weiterer spannender kanadischer Beitrag ist die Firma Spring Loaded Technology: Obwohl deren Hauptprodukt „nur“ ein bionisches Kniegestell mit Feder ist, wurde es als günstige Option in die Truppe gebracht. Die kanadische Armee testet also nicht nur High-End-Exoskelette, sondern breit gefächerte Lösungen, von Hightech bis Lowtech, um ihre Soldaten zu unterstützen.

Es gibt zudem transnationale Kooperationen. US- und kanadische Institutionen arbeiten oft Hand in Hand, teilen Testergebnisse und tauschen Prototypen aus. Auch im NATO-Rahmen (etwa bei gemeinsamen Übungen oder in Arbeitsgruppen) werden Exoskelette als Zukunftstechnologie gemeinsam betrachtet. Beispielsweise interessiert sich die britische Armee und die Bundeswehr ebenfalls für die nordamerikanischen Entwicklungen; mitunter nehmen Vertreter dieser Länder an Versuchsvorhaben in den USA teil. Dies fördert einen Wissenstransfer und verhindert Doppelarbeit.

Nicht zu vergessen: Die Erfahrungen aus zivilen Branchen fließen mit ein. Die Automobilindustrie nutzt bereits einfache Exoskelett-Systeme für Fabrikarbeiter (z.B. Schulterstützen bei Ford). Solche praxiserprobten Lösungen können militärisch adaptiert werden. Im Gegenzug profitieren zivile Hersteller von militärischer Forschung – etwa wurde die Soft-Exosuit-Technik aus dem DARPA-Programm später in der medizinischen Reha eingesetzt.

Aktuell kann man sagen: Die Forschung zu militärischen Exoskeletten ist breit aufgestellt und interdisziplinär. Es gibt nicht das eine „Manhattan-Projekt“ für den Supersoldatenanzug, sondern viele parallele Pfade. Einige Forscher konzentrieren sich auf Detailprobleme (z.B. wie vermeidet man Blasenbildung an der Haut durch das Reiben des Exoskeletts?), andere auf das große Ganze (z.B. taktische Doktrinen für Exoskelett-Einheiten). Die Herausforderung besteht nun darin, diese Puzzleteile zusammenzuführen. Deshalb ist der Austausch über Konferenzen und Verbände rege: In den USA gibt es jährliche „Wearable Robotics“-Treffen, in denen Militärentwickler, Firmen und Akademiker zusammenkommen. In Kanada werden ähnliche Workshops im Rahmen des IDEaS-Programms (Innovation for Defence Excellence and Security) veranstaltet, wo gezielt nach neuen Ideen gesucht wird – seien es bessere Akkus oder gar radikal neue Exoskelett-Konzepte, wie etwa schwimmfähige Anzüge für amphibische Operationen.

Zusammengefasst treiben USA und Kanada die Exoskelett-Entwicklung mit vereinten Kräften voran. Amerika bringt Ressourcen und eine Vielzahl von Akteuren ins Feld, Kanada punktet mit spezialisierten Innovationen und Agilität. Beide Länder lernen voneinander und pushen sich gegenseitig – ganz im Sinne der gemeinsamen Sicherheit. Und alle Beteiligten wissen: Das Rennen um die besten Exoskelette läuft auch global, denn andere Militärmächte wie China, Russland oder europäische Staaten forschen ebenfalls daran. In diesem Kontext wollen USA und Kanada die technologische Führungsrolle übernehmen, um ihren Soldaten einen entscheidenden Vorteil zu verschaffen.

Militärische Exoskelette

Visionärer Ausblick: Die Zukunft der Mensch-Maschine-Integration

Blickt man in die Zukunft, so entfaltet sich eine Szenerie, die gleichermaßen faszinierend wie herausfordernd ist. Wohin könnte die Reise gehen? Wenn man heutige Trends weiterdenkt und ein paar visionäre Annahmen trifft, zeichnen sich mehrere Entwicklungen ab, die militärische Exoskelette in den kommenden Jahrzehnten prägen könnten.

Zum einen dürfte die Integration von künstlicher Intelligenz und Sensorik immer weiter voranschreiten. Zukünftige Exoskelette werden wahrscheinlich mit einer Fülle von Sensoren ausgestattet sein – nicht nur zur Bewegungserkennung, sondern auch zur Umweltwahrnehmung. Man kann sich Anzüge vorstellen, die Terrain erkennt (z.B. Steigungen, Hindernisse) und sich darauf einstellen, vielleicht durch adaptive Dämpfung oder automatische Wahl eines Bewegungsmodus. KI-Systeme könnten den Zustand des Soldaten kontinuierlich überwachen: Ist seine Herzschlagfrequenz erhöht? Ist Muskelzittern feststellbar? Daraus ließe sich ableiten, wann der Anzug mehr Unterstützung geben oder wann er vielleicht in einen Energiesparmodus gehen sollte, um den Träger nicht zu überlasten. Es ist denkbar, dass Exoskelette eines Tages selbstlernend sind – also sich an jeden Nutzer individuell anpassen, seine Bewegungsmuster verinnerlichen und so immer „mitdenken“. Die Vision ist ein Anzug, der fast zu einem Teil des Körpers wird, intuitiv und intelligent.

Ein weiterer Strang ist die immer engere Mensch-Maschine-Schnittstelle. Heute steuert der Mensch das Exoskelett indirekt über Bewegungen und Sensoren. In Zukunft könnten neurologische Schnittstellen hinzukommen. Forscher arbeiten bereits an sogenannten Brain-Computer-Interfaces – beispielsweise Stirnbänder oder Implantate, die Gehirnaktivität messen. Für gesunde Soldaten wäre ein invasives Implantat unnötig, aber es könnte tragbare EEG-Sensorik genutzt werden, um bestimmte Impulse zu erkennen. Zum Beispiel könnte ein schneller gedanklicher Befehl „stehen“ vom System erkannt werden, das Exoskelett würde den Träger augenblicklich stabilisieren. Auch haptische Rückmeldungen sind vorstellbar: Das Exoskelett könnte dem Soldaten über Vibration signalisieren, wenn z.B. die Batterie zur Neige geht oder ein Bewegungsablauf unsauber ist. Je mehr Sinne und Signale verknüpft werden, desto flüssiger wird die Interaktion. In fernerer Zukunft mag die Grenze zwischen Mensch und Maschine weiter verwischen – etwa durch künstliche Muskeln, die im Körper implantiert werden oder durch Exoskelett-Komponenten, die dauerhaft am Soldaten verbleiben (implantierte Ankerpunkte für schnellere Montage, etc.). Diese Ideen werfen ethische Fragen auf, sind aber technisch nicht mehr Science-Fiction.

Die Robotik im engeren Sinne wird vermutlich ebenfalls Einfluss nehmen. Heute ist ein Exoskelett ein „dummer“ Helfer, der mitläuft. Doch in Zukunft könnten Exoskelette teilautonom agieren. Man stelle sich eine Patrouille vor: Wenn der Soldat sich hinlegt zum Schießen, könnte sein Exoskelett autonom in den Bodenanker-Modus gehen, also Beine ausfahren, um einen stabilen Schießstand zu bieten – ohne dass der Soldat dies manuell anfordert. Oder ein Exoskelett könnte einem bewusstlos gewordenen Soldaten eigenständig aus der Gefahrenzone helfen: Sensoren merken, der Mensch reagiert nicht mehr, also steuert das System ihn sicher zurück (eine Art Autopilot für den Körper). Solche Funktionen lägen an der Schnittstelle von tragbarem Roboter und Mensch. Vielleicht wird es auch ferngesteuerte Modi geben: Ein Techniker könnte per Fernsteuerung einen unbemannten Exoskelett-Anzug in gefährliche Bereiche schicken (dann quasi als Roboter). Tatsächlich haben Firmen wie Sarcos bereits zweibeinige Roboter geplant, die dem Guardian XO ähneln, aber ohne einen Menschen drin – hier verschwimmen die Konzepte von Exoskelett und Roboteranzug.

Einen enormen Sprung nach vorn würde eine Revolution in der Energiespeicherung bedeuten. Sollte etwa die Batterietechnik einen Durchbruch erleben – z.B. durch Feststoffbatterien mit doppelt bis dreifach höherer Energiedichte oder durch effiziente Minibrennstoffzellen –, dann könnten Exoskelette viel länger und mit mehr Leistung laufen. Das würde ihre Einsatzbereitschaft drastisch erhöhen. In einem Zukunftsszenario trägt jeder Soldat einen leichten, kaum sichtbaren Exosuit unter der Uniform, der 24 Stunden durchhält und einfach beim Laden der restlichen Ausrüstung mit aufgeladen wird. So ein Exosuit könnte ständig kleine Korrekturen vornehmen, die Summe macht den Unterschied: Die Soldaten ermüden viel langsamer, können vielleicht 50 km am Stück marschieren oder 2 m hohe Mauern überwinden, weil der Anzug sie kurz boostet.

Konzepte in Entwicklung deuten auch auf modulare und erweiterbare Systeme hin. Vielleicht wird es „Exoskelett-Baukästen“ geben: Ein Grundanzug für Beine, optional erweiterbar mit Armverstärkung, oder aufrüstbar mit mehr Panzerung je nach Mission. Die Armeen könnten so flexibel auf Bedrohungen reagieren – leichte Ausrüstung für schnelle Einsätze, schwerere für gefährliche Lagen.

Besonders visionär ist der Blick auf komplett neue Arten der Fortbewegung, die durch Exoskelette möglich würden. Einige Zukunftsdenker sehen Soldaten vor sich, die mittels Exo-Anzug und kleinen ansteckbaren Antrieben zeitweise schneller rennen als jeder Mensch (eine Art Sprint-Turbo) oder weite Sprünge machen wie Kängurus. Es gab Studien über federnde Stelzenbeine, die in einen Exoskelettschuh integriert werden könnten, sodass ein Mensch zwei-drei Meter weite Schritte machen kann – ideal um unwegsames Gelände zu überwinden. Noch futuristischer: Kombinationen mit Roll- oder Schwebemodulen – zum Beispiel Räder an Exoskelettbeinen, die sich bei glattem Untergrund ausklappen und den Soldaten wie auf Rollschuhen fahren lassen, oder kleine Jetpack-Module für Sprünge über Hindernisse. Manche dieser Ideen hat die DARPA tatsächlich schon in Konzeptvideos skizziert.

Abschließend: Militärische Exoskelette in den USA und Kanada

Natürlich wird auch die Gegenseite der Medaille betrachtet: Was sind die Risiken und Grenzen? Wenn Soldaten durch Technologie viel leistungsfähiger werden, ändern sich möglicherweise auch die Strategien der Kriegsführung. Könnte es zu einer Abhängigkeit von den Anzügen kommen? Was, wenn der Gegner die Exoskelette elektronisch stört oder physisch sabotiert? Diese Fragen treiben Militärdenker um. Für die nähere Zukunft will man deshalb immer sicherstellen, dass der Mensch auch ohne das Exoskelett funktionsfähig bleibt – das heißt, die Soldaten müssen ihre Mission notfalls auch ohne Unterstützung erfüllen können. Exoskelette sollen ein Multiplikator sein, kein Single Point of Failure.

Langfristig, wenn die Technik ausgereift ist, könnte sich das ändern. Vielleicht werden zukünftige Elitesoldaten tatsächlich so auf die mechanische Unterstützung eingeschworen, dass sie standardmäßig als Einheit mit ihren Exoskeletten agieren – ähnlich wie heute keiner mehr ohne Nachtsichtgerät in die Nachtmission geht. Sollte es so kommen, würde das das Bild des Soldaten stark verändern: Der Trupp der Zukunft könnte aussehen wie eine Gruppe von kybernetisch erweiterten Menschen, wo man auf den ersten Blick nicht mehr erkennt, wo der Mensch endet und die Maschine beginnt. Aber diese Vorstellung liegt noch einige Jahre oder Jahrzehnte entfernt.

Realistischer ist in mittlerer Zukunft (10–20 Jahre) ein Szenario, in dem Exoskelette im Militär so verbreitet sind wie heute z.B. gepanzerte Fahrzeuge: Nicht jeder hat eines, aber wenn die Mission es erfordert, werden sie eingesetzt. Spezialisierte Exoskelett-Einheiten könnten geschaffen werden – etwa Pioniertrupps, die stets Exosuits tragen, weil sie oft schwer arbeiten müssen; oder Logistikkompanien, wo jeder Lademeister ein Exoskelett hat. Das Konzept des Infanteristen der Zukunft wird Exoskelette vermutlich als integralen Bestandteil vorsehen, sobald Gewicht und Energie kein großes Hindernis mehr sind. Mit der rasanten Entwicklung von KI, Materialwissenschaft und Energiesystemen kann es durchaus sein, dass wir um 2040 Soldaten erleben, die mit ihrer Ausrüstung verschmelzen – menschliche Urteilsfähigkeit und Flexibilität kombiniert mit maschineller Kraft und Präzision.

In Kanada und den USA, die heute Pioniere auf diesem Feld sind, schaut man auch auf die gesellschaftlichen Implikationen. Eine positiv visionäre Aussicht ist, dass viele Technologien, die für das Militär entwickelt werden, im zivilen Leben Nutzen stiften. Exoskelette könnten z.B. Feuerwehrleute schützen, Bauarbeitern das Kreuz retten oder in der Pflege helfen, Patienten zu heben. Eine von KI gesteuerte mechanische Unterstützung für den Menschen könnte Teil unseres Alltags werden, ähnlich wie uns heute Autos oder Computer selbstverständlich unterstützen. Die militärische Forschung dient hier als Motor für Innovation, die über das Schlachtfeld hinaus Wirkung zeigt.

Dramatisch und visionär bleibt das Bild: Ein Trupp Soldaten bewegt sich lautlos durch die Dunkelheit, jeder Schritt synchron unterstützt von Servomotoren, die fast wie ein eigenes Muskelspiel unter der Haut wirken. Kugeln prallen an verborgenen keramischen Platten ab, die das Exoskelett mitträgt. Über ihren Helmen schweben Drohnen, und im Augenwinkel zeigt ein Display die Systemstatus ihrer Anzüge an. Was wie eine Szene aus einem futuristischen Thriller klingt, könnte in naher Zukunft Realität sein – die nächste Evolutionsstufe des Soldaten, an der Grenze zwischen Mensch und Maschine.

Eines bleibt klar: So spannend die Technologie ist, am Ende steht der Mensch im Zentrum. Die besten Exoskelette sollen dem Menschen dienen, ihn schützen und befähigen, nicht ersetzen. USA und Kanada verfolgen genau dieses Zielbild. Die Kombination aus neutraler wissenschaftlicher Akribie und etwas visionärem, dramatischem Pioniergeist hat bereits bemerkenswerte Ergebnisse hervorgebracht. Und während die Forschung fortschreitet, rückt die einstige Science-Fiction immer näher an die Realität heran. Wir leben in einer Zeit, in der militärische Exoskelette vom Zeichenbrett auf das Übungsgelände gelangen – und bald vielleicht untrennbarer Bestandteil moderner Streitkräfte sein werden.